Grothkopps Gemälde verdichten ihre Bildmotive auf das Wesentliche, irrelevante Details werden bewusst und konsequent unterdrückt. Der flächige Malstil Grothkopps, bei dem die glatten Oberflächen nicht durch die taktile Struktur einzelner Pinselstriche aufgebrochen werden, verstärkt diesen Effekt der Verdichtung, der durch die Reduktion auf das Essenzielle erfolgt. Das dritte, besonders ins Auge fallende Merkmal dieser Bilder ist, dass die Formen oft durch ein leuchtendes Weiß verschleiert werden, als ob sie unvermutet aus dem Nebel auftauchten oder wir sie nur durch eine beschlagene Scheibe sähen. Zusammen bewirkt dieser Malstil in Grothkopps Bildern eine beeindruckende Metamorphose von Natur zu Kunst, von Realismus zum Artifiziellen. So erscheinen uns die dargestellten Szenen und Gestalten gleichsam wie durch das Glas eines Aquariums, nicht nur im Fall der Kois, die Grothkopp oft gemalt hat, sondern auch bei den Portraits: das innere Wesen der Abgebildeten bleibt verschlossen, geheimnisvoll, letztendlich undurchschaubar. Durch die Anonymisierung und Verallgemeinerung, die sie hier erfahren, entziehen sich uns die Gesichter, werden weniger greifbar, weniger begreifbar, verwandeln sich von konkreten Personen oder Dingen zu Chiffren und Gleichnissen und verblassen manchmal sogar wörtlich. Doch gerade dadurch entfalten sie ihre hypnotische Wirkung, werden sie dadurch doch zu Ikonen, zu Filmleinwänden für unsere eigenen Projektionen. Im neu erschienen Buch über Jörn Grothkopp vergleicht Wulf Herzogenrath seine Bilder deshalb sehr treffend mit der Welt des Kino: „Die einzelnen Bilder sind jeweils Standbilder eines sich eigentlich bewegenden Filmes, eines Fließens, der der natürlichen Situation der Lebenswelt entspricht. Panta rhei – alles ist in fließender Bewegung – ist nicht nur mit realer Bewegung in den neuen Medien darzustellen, sondern findet auch im Kopf des Betrachters statt, wenn ein Maler wie Grothkopp diese Offenheit der Komposition mit den Motiven verbindet und zu einer Vielheit in der Einheit verschmelzen lässt.“
Zeitgleich mit der Ausstellung ist im Kerber Verlag ein neues Buch über Jörn Grothkopps künstlerisches Schaffen erschienen:
Jörn Grothkopp. Kerber Verlag, November 2013.The images of Berlin painter Jörn Grothkopp condense their subject matter to its essential features, irrelevant details are deliberately and consistently expunged. Grothkopp’s flat style of painting where the smooth surfaces are never disturbed by the tactile structure of individual brush strokes enhances the condensation brought about by this reduction to the essence. The third distinctive feature of Gothkopp’s painting style is the fact that the forms are frequently veiled by a luminous white, as if they just appeared before us in the fog, or as if we could only see them through misted window panes. Taken together, these elements effect a dramatic metamorphosis from nature to art, from realism to the artificial. The depicted scenes thus present themselves as if through the glass of an aquarium. This is not just the case in the paintings of Koi frequently painted by Grothkopp, but also in his portraits: the inner life of his subjects remains hidden, secretive, ultimately indecipherable. Subjected to this kind of generalization and increased anonymity, the depicted faces effectively withdraw, become less graspable (in both its literal and metaphorical senses). Specific people and tangible objects are transformed into ciphers and similes, and occasionally they even pale in a quite literal way. But paradoxically that is precisely how they unfold their hypnotic effect, becoming icons, silver screens for our own projections. It is for this reason that Wulf Herzogenrath, in his essay in the newly published book on Jörn Grothkopp, very aptly links them to the world of cinema: “The individual images are all stills from a film that is really in movement, a flowing correspondent to the natural situation of the living environment. Panta rhei—all flows and is in movement—cannot only be represented with real movement in the new media, but also occurs in the mind of the beholder when a painter like Grothkopp combines this openness of composition with the subject-matter and merge it to create a plurality within the unity.”
In concurrence with the exhibition the Kerber Verlag has just published a new book on Jörn Grothkopp’s work as an artist:
Jörn Grothkopp. Kerber Verlag, November 2013.© Galerie Deschler Berlin and the respective authors / creators. All rights reserved.