But Waller would not be Waller if her crocheted figures did not fail, in the most terrible fashion, in almost all of their magic tricks and acts. The woman sawn in half ends in butchery, the sword of the sword-swallower pierces his throat, the balancing acts lead to disaster. It remains open, however, whether all the blood and thunder is not just another clever illusion, a conjuring act meant to send a chill down the spines of the thrill-seeking audience.
“The circus has always been a favored theme of the visual arts,” Waller notes. “Picasso, Marc Chagall, Henri Toulouse-Lautrec, Georges Seurat, August Macke, Max Beckmann, Erich Heckel, Cindy Sherman, to name just a few who have worked with his subject matter. What is it that makes the World of the circus so interesting for visual artists? It might be the promise of freedom and adventure offered by this inspiring world of childlike play, so full of magic and mystery, far from tidy and boring structures. The clown is a universal figure. He amuses with his feigned clumsiness, demonstrating the ridiculous sides of our oftentimes tragi-comical daily fight for survival. The gloating laughter caused by his failures is directed at our own vanities. But at the same time clowns are heroes rebelling against the lack of imagination.” And even though the last decades have dismantled the myths surrounding the circus, the mass media have all too readily taken over its role: today’s casting and reality shows are every bit as vulgarly entertaining and grotesque as the freak shows of bygone days.
Waller is fascinated by the parallels between the
illusionary spaces of the circus and those of the visual arts. “In order to
create an illusion, the circus employs various techniques and artifices: all of
these are also used by the visual arts. The work of art, like the circus act,
is based on staging a secret.” At the same time Waller observes a parallel
between the sensationalist promotion of the circus and that of the art market.
“Here, too, it is all about the ceaseless attempts to outdo the latest
extravaganzas, to impress an increasingly jaded public, with never-before-seen
spectacles and purportedly even more original ideas. The colorful, the special,
the bizarre and the customary are joined in a glittering mixture: the world of
the annual art fair is increasingly that of the circus. And just as the circus
has to continuously reinvent itself, so the art market, too, has to strive for
increasingly dazzling presentations of the allegedly new.”
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Patricia Waller schlägt wieder zu: nach den Ausstellungen „Bad Luck“ und „Broken Heroes“, in denen Unfälle, Missgeschicke und das Scheitern der Superhelden thematisiert wurden, trifft ihr schwarzer Humor diesmal die Welt des Zirkus. „Menschen, Tiere, Sensationen“ verwandelt den Galerieraum in eine Manege mit Akrobaten, Seiltänzern, Schwertschluckern und Clowns. Der Titel bezieht sich auf den gleichnamigen deutschen Spielfilm von 1938, der in einer Traditionslinie mit zahlreichen anderen Zirkus-inspirierten Filmen steht, so wie Chaplins „The Circus“ (1929) und Federico Fellinis „La strada“ (1954).
Doch Waller wäre nicht Waller, wenn ihren gehäkelten Gestalten nicht fastalle Kunststücke und Zaubertricks auf schreckliche Weise misslingen würden. Das Zersägen der Jungfrau endet in einem Blutbad, das Schwert des Schwertschluckers durchdringt seinen Hals, die Balanceakte scheitern grausig. Offen bleibt allerdings, ob das Blut und die Verletzungen nicht auch wieder nur ein Taschenspielertrick, eine geschickte Täuschung sind, die dem sensationslüsternen Zuschauer wohlige Schauer über den Rücken jagen sollen.
„Der Zirkus war schon immer ein beliebtes
Thema der bildenden Kunst,“ stellt Waller fest: „Picasso, Marc Chagall, Henri
Toulouse-Lautrec, Georges Seurat, August Macke, Max Beckmann, Erich Heckel,
Cindy Sherman, um nur Einige zu nennen, die Zirkusmotive verarbeitet haben. Was
macht die Welt des Zirkus so interessant
für die bildendeKunst? Ein Grund mag die Verheißung von
Freiheit und Abenteuer sein, welche diese inspirierende Welt kindlicher Spiellust
bietet, so voller Zauber und Magie, fernab wohlgeordneter, langweiliger Strukturen.
Der Clown ist eine Weltfigur. Er
amüsiert durch seine vorgebliche Tollpatschigkeit und führt die
Lächerlichkeiten des oft tragikomischen Alltagskampfes vor. Das schadenfrohe Lachen,
das sein Scheitern auslöst, gilt unser aller Eitelkeit. Doch Clowns sind auch
Helden, die gegen Fantasielosigkeit aufbegehren.“Und obwohl in den letzten Jahrzehnte eine
Entmythisierung des Zirkus stattgefunden hat, so sind die Massenmedien längst
bereitwillig dafür eingesprungen: DSDS, Eurovision und Reality-Shows stehen den
Freakshows und Volksbelustigung früherer Jahrzehnte in nichts nach.
Waller ist fasziniert von der Parallele zwischen den Illusionsräumen des Zirkus und dem der bildenden Kunst: „Um eine Illusion zu schaffen, kommen im Zirkus unterschiedliche Techniken und Kunstgriffe zur Anwendung: alles Techniken, mit denen auch die bildende Kunst arbeitet. Wie eine Zirkusnummer lebt auch ein Kunstwerk vom inszenierten Geheimnis.“ Gleichzeitig beobachtet Waller aber auch eine Parallele zwischen den marktschreierischen Versprechen des Zirkus und denen des Kunstmarktes, „bei dem es nur mehr um die permanente Steigerung der Sensationen zu gehen scheint, mit denen man das Publikum noch verblüffen kann, der noch nie dagewesenen Darbietung und der vermeintlich originellsten Idee. Buntes, Besonderes, Absonderliches und Gewohntes in einer flimmernden Mischung: die Welt des alljährlichen Messespektakels ist zunehmend die des Kunstzirkus. Und so wie sich der Zirkus immer wieder neu erfinden muss, so muss sich auch der Kunstmarkt um eine ständige künstliche Steigerung des vermeintlich Neuen bemühen.“
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