Broken Soldiers

In ihrer neuen Werkserie Broken Soldiers setzt Deborah Sengl ein langjähriges Thema ihrer Arbeiten fort: das Verhältnis zwischen Opfer und Täter. Anders als etwa in ihrer Serie Ertarnungen, in der sich jeweils ein Raubtier als sein Beutetier tarnte, erscheint dieses Verhältnis aber nicht als Machtspiel zwischen einzelnen ProtagonistInnen, sondern als Spannungsverhältnis innerhalb eines Individuums.
 
Politisch bzw. religiös motivierte Kriege prägen unsere Zeit in erschreckendem Ausmaß. Terror, ob in Selbstmordanschlägen von „Terroristen“ oder dem billigenden Inkaufnehmen von „collatoral damage“ in staatlich sanktionierten Drohnenangriffen, wird immer mehr zur aktuellen Ausdrucksform von vermeintlicher Macht und wütender Machtlosigkeit. Aus politischem Kalkül ganz bewusst und gezielt geschürte Angst spaltet zunehmend unsere Gesellschaft und führt zu einer raschen, meist unreflektierten Ernennung eines passenden Feindbildes. Die kommerziell begründete Sensationslust der Medien spielt diesem Prozess dabei sehr oft noch allzu bereitwillig in die Hände, statt ihn kritisch zu hinterfragen.
 
Sengls Darstellung des Soldaten unterscheidet sich grundlegend von den Heroisierung des Kriegers/Soldaten, wie wir sie in der europäischen Kunst schon in den griechischen Skulpturen – man denke an den speerwerfenden Gott Poseidon – bis hin zur Glorifizierung des Feldherrn Napoleon und seiner Schlachten in der neoklassizistischen Malerei Frankreichs (mit entsprechenden Nachahmungen in anderen europäischen Ländern) finden, ganz zu schweigen von dem verkitschten Wiederaufgreifen dieses Topos der offiziellen Propaganda und Kunst der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts, bei den Nationalsozialisten und italienischen Faschisten ebenso wie in Stalins Sowjetunion und Maos China (und heute noch in Nordkorea). Sie unterscheidet sich aber auch von so kritischen Darstellungen des Soldaten wie denen von Otto Dix und George Grosz, die das unmenschliche Grauen der sinnlosen Gemetzel des ersten Weltkrieges schonungslos abschreckend festhielten. Sengls Fokus liegt vielmehr auf dem traumatisierten und gebrochenen Individuum, dem an seinen eigenen Taten verzweifelnden Menschen, der Täter und Opfer in einem ist. Kein Mensch wird als Soldat oder Verbrecher geboren, erst die äußeren Lebensumstände, seien es Krieg, wirtschaftliche Zwänge sowie oft schon sehr früh einsetzende Ausgrenzung, Kränkungen oder Missachtung, schaffen die notwendigen Voraussetzungen für zunehmende Radikalisierung und Entmenschlichung des „Anderen“.
 
Diese Entmenschlichung des „Anderen“ ist auch Thema in Sengls sarkastischen Umarbeitungen von Propagandapostern überwiegend aus dem ersten und zweiten Weltkrieg. Die Dämonisierung des Gegners, der oft als Bestie oder als Un-Mensch portraitiert wird, sowie die verharmlosende Darstellung der Unmenschlichkeit jeder Art von Krieg wird hier in ihrer ganzen schockierenden Absurdität vorgeführt und entlarvt. Dass diese Absurdität in unserer Zeit des „war on terror“ gleichzeitig so durchschaubar und doch so relevant ist, ist erschreckend und zutiefst ernüchternd. 

Deborah Sengl nimmt zur Zeit auch an der Ausstellung We love Animals im Kunstmuseum Ravensburg teil.

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In her new series Broken Soldiers Deborah Sengl further pursues a long-standing theme of her work: the relationship between victim and perpetrator. Unlike in her Camouflage series, however, where the predator disguised himself as his prey, this relationship now is not presented as a power struggle between different protagonists, but as a fault line running through the individual himself. 

Wars motivated by politics and/or religion are defining our times to an alarming degree. Terrorism, whether in the form of suicide attacks by those labelled „terrorists“ or as the quiet acceptance of „collateral damage“ in officially sanctioned drone strikes, is the increasingly current form of expression of supposed power and of angry powerlessness. Fear, consciously and intentionally stoked for political purposes, is progressively dividing our society and results in quick and usually thoughtless fixation on an apparent enemy. The mass media, driven by a commercially motivated hunger for sensations, all too willingly expedite this process rather than critically question it.

Sengl’s depiction of the soldier is fundamentally different for the heroic glorification of the warrior/soldier we find in European art from its beginnings in Greek sculpture—just think of the spear-throwing statue of the god Poseidon—to the glorification of the victorious Napoleon and his battles in French neoclassical painting (with its derivatives in other European countries), not to mention its sentimentalized kitsch resurgence in the official art and propaganda of the various totalitarian regimes of the 20th century, in Nazi Germany and fascist Italy as much as in Stalin’s Soviet Union and in Mao’s China (and continuing to this day in North Korea). But it also deviates from the scathingly critical portrayal of the soldier in the works of artists like Otto Dix and George Grosz who unflinchingly zeroed in on the inhumane horror of the senseless slaughter during the First World War. Sengl’s focus is rather on the traumatized and broken individual, the man in despair over his own deeds, the human being who is at the same time both perpetrator and victim. No man is born as a soldier or as a criminal, it is outer circumstances, be it war, economic hardship or exclusion, humiliation and disrespect, oftentimes from an early age, that create the necessary conditions for increasing radicalization and the dehumanization of the „other.“

The dehumanization of the „other“ is also the theme of Sengl’s caustic re-workings of propaganda posters, mostly from the First and Second World Wars. The demonization of the enemy, oftentimes depicted as a wild beast or as somehow sub-human, as well as the way the horrors of any kind of warfare are made light of, are  presented and revealed in all of its shocking absurdity. The fact that its  absurdity, in our age of the „war on terror,“ is at the same time so obvious to us and yet so relevant is both frighening and deeply sobering.

Deborah Sengl is currently also participating in the exhibition We love Animals at Kunstmuseum Ravensburg. at Kunstmuseum Ravensburg. 

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